Posted on Mai 23, 2018, von & gespeichert unter Amos‘ News, ICAHD News.


Von Amos Gvirtz

Der Bruch mit dem Zionismus kam für mich 1997. Die israelische Armee zerstörte Häuser und vertrieb palästinensische Beduinen des Jahalin-Stammes, um die Siedlung Ma’ale Adumin zu erweitern. Das geschah während der Zeit des Oslo-Friedensprozesses. Zu einem Zeitpunkt als die meisten von uns die Illusion hatten, dass Israel den Weg zum Frieden eingeschlagen hätte, nutzte der Staat die Unaufmerksamkeit, um das zu tun, was den zionistisch-arabisch/palästinensischen Konflikt am besten charakterisiert – er vertrieb Menschen aus ihren Häusern und von ihrem Land weil sie Palästinenser sind, um an deren Stelle andere Leute anzusiedeln weil sie Juden sind. Ich nahm an dem Kampf gegen dieses Verbrechen schon während Rabins Arbeiterpartei-Regierung teil. Die Vertreibung wurde dann während Netanjahus erster Amtsperiode durchgeführt.

Jedes Mal, wenn ich El Arakib besuche, das Beduinendorf, welches die israelische Regierung mehr als 120 Mal zerstört hat, damit ein Wald auf seinen Ruinen gebaut werden kann, wird meine anti-zionistische Haltung verstärkt.

Jedes Mal, wenn ich Umm el Hiran besuche, wo die israelische Regierung aktiv ist, Leute von ihren Häusern und von ihrem Land zu vertreiben, weil sie Beduinen sind, und andere Leute dort anzusiedeln, weil sie Juden sind, wird meine anti-zionistische Haltung gestärkt. Und zu meinem Entsetzen gibt es Pläne, dasselbe anderen Beduinenstämmen im Negev anzutun. Auch in den besetzten Gebieten stoße ich dauernd auf Versuche, Palästinenser zu vertreiben, um jüdische Siedlungen auszudehnen.

Ich bin in einem Kibbuz aufgewachsen, der neben anderen von meinen Eltern gegründet worden war, glühenden Zionisten. In den Unterrichtsstunden in der Schule zu jüdischer Geschichte bemerkte ich, dass sich ein Motiv immer wiederholte: Menschen wurden nicht wegen ihrer Handlungen diskriminiert, sondern weil sie Juden waren, die als Minderheit unter anderen Völkern lebten. Die logische Schlussfolgerung war, dass Juden in einem eigenen Staat leben sollten.

Den ersten Streit, den ich erinnere, mit meinen Mitschülern gehabt zu haben, drehte sich um die Frage, wie wir Juden, die als Minderheit dauernde Verfolgung erlitten hatten, die arabische Minderheit diskriminieren können, die unter uns lebt. Mit den Jahren, als meine Kenntnis von dem, was den Palästinensern in Israel und den besetzten Gebieten geschah, sich erweiterte, wurde diese Frage immer mehr akut.

Das war ein langer und schmerzvoller Prozess. Der Übergang von der Zustimmung zum Zionismus zur Ablehnung des Zionismus war damals nicht leicht für mich, und er ist es auch heute nicht. Ich kann die furchtbare Geschichte meines Volkes nicht ignorieren. Aber dagegen stehen moralische und existentielle Fragen. In dem Moment, als die Zionisten Macht bekamen, verhielten sie sich genauso wie diejenigen, die in der Vergangenheit die Juden verfolgt hatten. Sowie sie die Macht haben ignorieren sie alle moralischen Erwägungen und das einzige, was sie daran hindert, Verbrechen gegen Minderheiten und Menschen unter Besatzung auszuüben ist, dass genug Druck ausgeübt und Drohungen ausgesprochen werden, so dass der Preis, den sie dafür zahlen müssen, zu hoch ist.

Und es gib ein existentielles Thema: Heute gibt es in Israel, mehr als in jedem anderen Ort der Welt, eine große Gefährdung und Bemühung, uns zu verletzen und unsere Existenz auszulöschen weil wir Juden sind. Und diese Gefährdung kommt nicht vom Antisemitismus, sie kommt von den vergangenen und heutigen Aktionen Israels. Israel hat sich zum gefährlichsten Ort für das Überleben der Juden entwickelt!

 

 

WHY I STOPPED BEING A ZIONIST

Amos Gvirtz

The breaking point for me in relation to Zionism came in the beginning of 1997. The Israeli army demolished the houses and evacuated Palestinian-Bedouin inhabitants of the Jahalin tribe in order to expand the settlement of Ma’ale Adumim. This was during the period of the Oslo peace process. At a time when most of us were under the illusion that Israel had turned toward the path of peace, the state took advantage of the inattention to do the thing that most characterizes the Zionist-Arab\Palestinian conflict – it expelled people from their homes and lands because they were Palestinians in order to settle other people in their place, because they were Jews. I participated in the struggle against this crime already during the time of Rabin’s Labor Party government. The evacuation was carried out during Netanyahu’s first stint as prime minister.

Every time I visit El Araqib, a Bedouin village which the Israeli government has destroyed more than 120 times so that a forest can be planted on its ruins, my anti-Zionist stance is reinforced.

Every time I visit Umm el Hiran, where the Israeli government is busy expelling people from their homes and village because they are Bedouins, in order to settle other people there because they are Jews, the anti-Zionist stance I have developed is reinforced. And to my horror, there are plans to do the same to more Bedouin villages in the Negev. In the occupied territories as well, I am continually confronted with efforts to expel Palestinians in order to expand Jewish settlements.

I grew up on a kibbutz founded, among others, by my parents, who were ardent Zionists. In the Jewish history classes I took in school I noticed a motif that constantly repeated itself: People were persecuted not because of their actions, but because they were Jews living as a minority among other nations. The logical conclusion was that Jews needed to live in a state of their own, the State of Israel. And yes, until today I agree with the Zionists that the historical experience of the Jews living as a minority failed, and that accordingly the Jews need a state of their own.

The first argument that I remember having with my classmates was around the question how we as Jews, who suffered from continuous persecution as a minority, can persecute the Arab minority that lives among us. With the passing years, as my knowledge of what was happening to the Palestinians in Israel and the occupied territories widened, this question became more acute.

This was a long and painful process. The transition from acknowledging Zionism to opposing Zionism was not easy for me then, and it is not easy today. I can’t ignore the terrible history of my people. But against this stand moral and existential questions.   The moment the Zionists got power in their hands, they behaved just like the persecutors of the Jews in the past. The moment they have the power they ignore every moral consideration, and the only thing that can prevent them from carrying out crimes against minorities and occupied populations is if enough pressure and threats are applied such that the price they will be forced to pay is too high.

And there is the existential issue: Today in Israel, more than any other place in the world, there is a huge effort to hurt us and eradicate our existence, because we are Jews. And this effort does not stem from anti-Semitism, it stems from the past and present actions of Israel. Israel, because of its actions, has turned itself into the most dangerous place for Jewish existence!

Sometimes I think that my activities for human rights and peace come from my desire to be a Zionist again.